Dienstag, 27. November 2012

An die Verantwortlichen für Kinder- und Jugendarbeit

3. Februar 2012

Ich möchte mich heute abend kurz an Sie wenden und Ihnen einige Punkte aus meiner Sicht mitgeben, aus der Sicht eines Vaters, der in den letzten Jahren versucht hat, sich in der Kirchengemeinde für die Kinder- und Jugendarbeit einzubringen.

Als wir hierher gezogen sind,  da dachte ich „katholische Gegend“, „auf dem Land“ – was kann es Besseres für Kinder geben?

Aber ganz so ist es nicht. Die Kinder bilden ihre Cliquen. Auf einmal reden die von der einen Schule nicht mehr mit denen von der anderen Schule. Um die Sitzplätze im Bus wird gekämpft und der Stärkere gewinnt. Einige ziehen zusammen los und klauen wie die Raben. Andere werfen Steine auf das Neon-Schild vom Supermarkt und zerstören es sobald es wieder repariert ist. 6-. und 7.-Klässler rauchen und trinken Alkohol. Ein paar Straßen weiter von hier haben letztes Jahr beim Winzerfest ein paar Jungs ein Mädchen vergewaltigt.  Es ist nicht so ganz leicht hier für Kinder. Und wir Eltern müssen da – verzeihen Sie den Ausdruck – höllisch aufpassen.

Am Weihnachtsabend hier in der Kirche sah ich in den hintersten Bänken einige geschiedene Väter. Sie betreuten an diesem Abend wohl ihren Sohn oder ihre Tochter  und nahmen sie mit in die Kirche.  Ich sah ein paar große, fragende und etwas traurige und verlorene Augen.

Unsere beiden ältesten Kinder sind hier zur Erstkommunion gegangen. Die Älteste war dann - leider nur  kurz  - bei den Ministranten.

Die nächsten beiden Kinder, die vergangenes Jahr und dieses Jahr dran gewesen wären, haben wir nicht Erstkommunion geschickt.  Vermitteln wir nicht bei der Erstkommunion mit dem großen Aufwand und der großen Zeremonie den Kindern, dass sie einen wichtigen Platz in der Kirchengemeinde haben. Und dann? Nach der Erstkommunion lassen wir die Kinder allein in der großen kalten leeren Kirche stehen. Das passt für uns einfach nicht und wir wissen nicht, wie es da für uns weiter gehen soll.

Letzten September waren wir spontan eine Woche in Taizé. Wir hatten Glück, dass dort noch Platz frei war. 3x am Tag gibt es dort Gottesdienst statt, 7x die Woche –ohne Sitzbänke, auf dem Boden.

Ich war erstaunt, dass die Kinder ohne Murren mitmachten. Und am Ende der Woche sind wir alle zusammen zur Beichte gegangen. Es war das erste Mal seit der Erstkommunion. Noch heute singen die Kinder die Taizé Lieder ab und zu spontan zu Hause. Und viele der Lieder sind auf Latein.

Ich habe die Älteste gefragt, warum ihr Taizé gefallen hat. Sie meinte, die Leute wären nett gewesen. Es hätte keiner böse geguckt. Sie meinte, es wäre nicht so viel gelabert worden.

Lukas berichtet im Neuen Testament, dass die Leute ihre Kinder zu Jesus brachten. Die Jünger wollten sie schroff abweisen. Aber Jesus sagte „lasst sie zu mir kommen“ und er rief die Kinder zu sich. (Lk 18, 15-17)

Ich glaube wir müssen uns alle fragen, ob wir als Gemeinde für die Kinder und Jugendlichen offen sind oder, wie die Jünger, spontan eher auch oft abweisend sind. Unsere Erstkommunionvorbereitung, so habe ich das Gefühl,  fokussiert sehr einseitig auf Wissensvermittlung.

In den letzten Jahren habe ich mit diesem Thema öfter den Pfarrer und die Gemeindereferentin angesprochen. Ich weiß nicht, welche Priorität bei den beiden die Kinder- und Jugendarbeit hat. Es ist schade, dass der Herr Pfarrer und die Frau Gemeindereferentin heute Abend nicht hier sind. Dass es auch andere Verantwortliche und Ansprechpartner für die Jugendarbeit gibt, wusste ich gar nicht. Ich hatte auch den Vorsitzenden des Pfarrgemeinderats angesprochen. Der hatte nur auf den Pfarrer gezeigt.

Liebe Gemeindemitglieder: Es geht um unsere Kinder, unsere Gemeinde. Wir sind verantwortlich. Wir dürfen unsere Verantwortung nicht an den Herrn Pfarrer abgeben. Warten wir nicht auf den Pfarrer oder auf den Bischof oder auf Rom. Der Herr Pfarrer hat seinen Praktikanten gebeten, die Versammlung heute Abend zu leiten. Nehmen wir so schnell wie möglich die Zügel selber in die Hand. 

  • Wenn Sie Verantwortung haben oder übernehmen, dann wäre meine Anregung, machen Sie es weil Sie es wirklich wollen und nicht nur weil Sie der Pfarrer gebeten hat und sonst keiner da ist. Stehen Sie als Ansprechpartner zur Verfügung, seien Sie offen, gehen Sie auf andere zu, sprechen Sie mit allen.

  • Es gibt in den Gemeinden eine ganze Reihe von bezahlten Mitarbeitern, nicht nur der Pfarrer und die Gemeindereferentin. Entscheiden wir uns doch die Kinder- und Jugendarbeit in unseren Gemeinden zu priorisieren. Lassen Sie uns, lassen Sie den Pfarrgemeinderat beschließen, dass jeder der bezahlten Mitarbeiter 25% von dem, was er für die Gemeinde tut, für die Kinder- und Jugendseelsorge tut.  

  • Holen wir uns Erfahrungen und Anregungen wo immer wir sie bekommen können. Ob das von anderen Pfarrgemeinden oder von den Menschen hier in unseren Pfarrgemeinden ist. Arbeiten wir zusammen. Viel lernen können wir zum Beispiel von unseren beiden Gemeindeschwestern, unserem Alt-Diakon, unserem ehemaligen  Pfarrer, oder dem Herr Spiritual von unserem Kloster. Kinder bringen diesen Menschen Vertrauen entgegen. Sie sind fantastische Ressourcen für unsere Arbeit. Nutzen wir das. Grenzen wir uns nicht ständig ab und eifersüchteln wir nicht, wer zuständig ist und wer was darf oder nicht darf.

  • Öffnen wir eine Seite für Kinder- und Jugendliche auf dem Web, wo steht was für Sie in der Kirchengemeinde stattfindet und wo sie sich an einem Forum auch online beteiligen können.

  • Machen wir einmal im Monat einen Gottesdienst für Kinder und für Jugendliche. Fragen wir die Kinder und Jugendlichen, wie sie den Gottesdienst wollen. Wollen sie lieber auf dem Boden sitzen als auf Bänken? Wollen sie lieber singen als zuhören? Fühlen sie sich eher im Pfarrsaal als in der Kirche wohl? Kirche ist nicht an Steine gebunden. Stellen wir ab und zu die Kinder und die Jugendlichen in den Mittelpunkt  und machen sie nicht Anhängsel des Erwachsenengottesdiensts.

Wenn meine Tochter sagt, sie mag Laberei nicht - vielleicht liegt das ja gar nicht an dem Gesagten. Vielleicht empfindet sie das nur als Laberei, weil sie keinen Bezug herstellen kann mit ihrer Wirklichkeit. Weil wir als Erwachsene vielleicht das eine erzählen, aber etwas ganz anderes leben.

Und vielleicht  sind da die Kinder viel scharfsichtiger in dem Erkennen der Zusammenhänge und der notwendigen Konsequenzen. Vielleicht meint Jesus das auch, wenn sagt „nehmt das Reich Gottes an wie ein Kind.“

Wir müssen die Kinder nicht zu Gott führen. Sie sind da näher dran als wir. Wir müssen uns und unsere Glaubensgemeinschaft für die Kinder öffnen.

Ich wünsche Ihnen Gottes Segen, ein gutes Meeting und einen guten Start. Guten Abend!

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